Nichts Neues

“Es gibt nichts Neues mehr. Alles, was man erfinden kann, ist schon erfunden.” Dieses Zitat stammt von Charles H. Duell, leitender Angestellter des US-Patentamtes. Bemerkenswert ist aber nicht etwa die Aussage selber, sondern ihre Datierung – das Zitat stammt aus dem Jahre 1899. Die grosse Anzahl an neuen Erfindungen, die ihren Weg in unsere Gesellschaft gefunden haben, widerlegt eindeutig Duells Aussage. Aber wie sieht es heute aus? Ist es noch möglich etwas zu erschaffen, das die Welt noch nie gesehen hat?

Die Karten werden neu gemischt

Ich bezweifle nicht, dass geistreichere oder überraschendere Werke möglich sind, aber tatsächlich genügt bereits ein gewöhnliches Set bestehend aus 36 Jasskarten, um Neues zu erschaffen. Alles, was man dafür tun muss, ist das Set ordentlich zu mischen. Dadurch werden die Karten in eine zufällige Reihenfolge gebracht, 36! (36 · 35 ··· 1) verschiedene Möglichkeiten können dabei auftreten. Das Überraschende an Fakultäten ist, dass sie sehr schnell wachsen (siehe Anhang). So beträgt 36! bereits 3.72 · 1042.

Man stelle sich nun vor, dass jede Person, die je auf der Erde gelebt hat, ihr ganzes Leben mit dem Mischen von Karten verbracht habe – jede Sekunde eine neue (nie zuvor dagewesene) Reihenfolge. Laut Wikipedia beträgt die Anzahl der jemals geborenen Menschen etwa 110 Milliarden. Nehmen wir nun für alle Zeitalter eine konstante Lebenserwartung der Menschen von 80 Jahren an (das ist natürlich sehr grosszügig abgeschätzt). Was wäre dann die Wahrscheinlichkeit, dass man heute noch eine nie dagewesene Reihenfolge der Karten erreicht, wenn man die Karten zufällig mischt?

Die Wahrscheinlichkeit ergibt sich aus

99.9999999999999999999%

Bei ordentlichem Mischen der Karten kann man also mit enorm grosser Sicherheit sagen, dass die Reihenfolge der Karten noch nie zuvor existiert hat. Jedes Jassspiel schreibt so also unbemerkt Weltgeschichte.

Quellen

Beitragsbild: Gerrit van Honthorst: Die Falschspieler

Idee: Vsauce, Youtube (Math Magic), mit weiteren anschaulichen Beispielen zur Grösse von Fakultäten.

Anhang: Vorlesung Analysis I, ETH Zürich

Anhang

Für Mathematik-Interessierte: Die Fakultäten wachsen für grosse n ähnlich wie nn. Dies wird mit der Stirlingformel ausgedrückt:

Stirling-Formel

Für grosse n dominiert der Term nn im Nenner. Der Zähler bestehend aus n! wächst folglich ähnlich wie nn, da der Grenzwert des Bruchs 1 beträgt.