Was passiert mit den heimischen Bäumen, wenn sich das Klima erwärmt? Mit dieser Frage beschäftigen sich Forschende der Eidgenössischen Forschunganstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. Der Klimawandel ist leider nicht mehr bloss ein fernes Szenario, das basierend auf komplexen Modellen vorhergesagt wird. Er ist bereits im Gange. Damit die Schweizer Wälder und die Ressource Holz erhalten werden können, müssen die Auswirkungen einer durchschnittlichen Temperaturerwärmung auf die Bäume verstanden werden. Dafür werden Erwärmungsexperimente durchgeführt.


Die Phänologie der Bäume

Im Rahmen des Schweizerischen Zivildienstes war ich ein Teil der Gruppe Störungsökologie an der WSL und habe sie bei ihrer Forschung unterstützt. Hauptsächlich war ich am Experiment “PhePla” beteiligt, welches den Einfluss einer Temperaturänderung auf die Phänologie der heimischen Bäume untersucht. Die Phänologie umfasst jährlich wiederkehrende Entwicklungserscheinungen im Leben der Bäume, etwa das Knospen im Frühling. Während der Zeitpunkt des Knospens bei einigen Baumarten durch das Längerwerden der Tage ausgelöst wird, spielt bei anderen die Temperatur eine wichtige Rolle. Nimmt die durchschnittliche Lufttemperatur durch den Klimawandel zu, so dürften temperaturgesteuerte Baumarten früher knospen. Dies könnte ihnen einen entscheidenden Vorteil im Konkurrenzkampf der Arten geben. Kenntnisse über die Auswirkungen von Temperaturänderungen auf die Phänologie der Bäume sind wichtig, damit Förster heute Bäume pflanzen können, die auch unter den zukünftigen klimatischen Bedingungen bestehen werden.

Den Klimawandel nachbauen

Das PhePla-Experiment umfasst mehrere Hundert Baum-Setzlinge an verschiedenen Standorten, die während Monaten um +3°C im Vergleich zur Umgebungstemperatur erwärmt werden sollen. Dabei sollen die Bäume der natürlichen Witterung ausgesetzt sein, um möglichst nahe an der Realität zu bleiben. Diese Bedingungen sind technisch nicht einfach zu erfüllen. Zusammen mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Esther Frei tüftelte ich während meiner Zivi-Zeit an einem geeigneten Setup für das Experiment.

Open Top Chambers

Wir entschieden uns schnell, sogenannte Open Top Chambers (OTCs) zu verwenden. Bei OTCs handelt es sich um Kammern bestehend aus durchsichtigen Plastikfolien oder Plexiglas, die nach oben hin geöffnet sind. Sie lassen sowohl das Sonnenlicht als auch Regen zu den Pflanzen durch. Die vom erwärmten Boden ausgesendete Infrarotstrahlung dagegen wird von den Kammerwänden teilweise reflektiert, dadurch steigt tagsüber die Temperatur in den OTCs an. Ein Foto einer OTC ist in Abbildung 1 zu sehen.

Abbildung 1: Foto einer Open Top Chamber (OTC) von aussen. Die vom Boden ausgesendete Infrarotstrahlung wird von den Wänden teilweise reflektiert, dadurch nimmt die Temperatur in der OTC zu. Es handelt sich um eine passive Erwärmungsmethode.

Aktive Erwärmung

Die Erwärmung durch die OTCs ist passiv, sie funktioniert nur bei Sonneneinstrahlung. Bei starker Bewölkung oder in der Nacht ist keine Erwärmung festzustellen. Um die Temperatur in den Kammern kontinuierlich auf +3°C zu halten, benötigt es folglich zusätzliche aktive Heizmethoden. Wir haben deshalb die Temperaturänderungen verursacht durch einen Elektroofen oder Wärmekabel getestet. In der Literatur werden teilweise auch Infrarotstrahler eingesetzt, um bodennahe Pflanzen zu erwärmen. Für die schnell wachsenden Baum-Setzlinge sind diese aber nicht geeignet, da Blätter näher an den Strahlern viel stärker erwärmt werden würden als weiter entfernte Blätter. Auf den Abbildungen 2 und 3 sind die Setups mit dem Elektroofen bzw. mit den Wärmekabeln zu sehen.

Abbildung 2: Foto des Elektroofen-Setups. Der Elektroofen (blau) stösst warme Luft nach unten aus, wo sie über den Ring mit den Ventilatoren nach aussen gedrückt wird. Die Ventilatoren weiter aussen helfen die Luft in der gesamten OTC zu verteilen.


Abbildung 3: Foto des Wärmekabel-Setups. Die Kabel (gelb) erwärmen sich, die heisse Luft steigt auf und verteilt sich so nach und nach in der OTC.



Technische Herausforderungen

Die grösste technische Herausforderung bestand darin, die erwärmte Luft in den Kammern zu halten. Da die OTCs nach oben hin geöffnet sind (müssen sie, damit die Pflanzen Regen abbekommen), kann die erwärmte Luft einfach nach oben hin entweichen. Sie muss also entweder mit Ventilatoren nach unten gedrückt werden (wie im Elektroofen-Setup, Abbildung 1) oder die Erwärmung muss direkt unterhalb der Pflanzen stattfinden (wie im Wärmekabel-Setup, Abbildung 2).

Eine weitere Herausforderung stellte das zuverlässige Messen der Lufttemperaturen dar. Um den Effekt der aktiven und passiven Erwärmungsmethoden unter verschiedenen Wetter- und Tagesbedingungen zu testen, benötigten wir insgesamt vier Plots: Plot 1 hatte eine OTC und den Elektroofen, Plot 2 hatte eine OTC und die Wärmekabel, Plot 3 hatte nur eine OTC und Plot 4 war einfach eine Grasfläche (zur Kontrolle). In allen vier Plots wollten wir die Lufttemperatur auf 10 cm und 150 cm Höhe sowohl als Funktion der Zeit als auch als Funktion des radialen Abstandes zur Mitte messen. Dazu verwendeten wir eine Vielzahl von Thermochron-Loggern (iButtons). Diese mussten vor der direkten Einstrahlung der Sonne geschützt werden, da sie sonst Temperaturen weit über der tatsächlichen Lufttemperatur gemessen hätten. Dafür verwendeten wir Radiation-Shields (auf den Abbildungen 2 und 3 zu sehen, silbern).

Unser Paper

Die genauen Details zu den Erwärmungs-Versuchen und den Ergebnissen sind in folgendem Paper zu finden:

Assessing the Effectiveness of in-situ Active Warming Combined With Open Top Chambers to Study Plant Responses to Climate Change